biologischer Hintergrund

Warum ein Meerschweinchen auf eine bestimmte Art und Weise ernährt werden sollte, ergibt sich aus seiner Biologie, die hier im Folgenden, soweit es für die Ernährung relevant ist, kurz dargestellt werden soll.
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Die Verdauung

Meerschweinchen beim Festschmaus Meerschweinchen haben einen Stopfmagen, d.h. sie können ihre Nahrung nur durch ständiges Nachschieben weiterer Nahrung durch ihren Verdauungstrakt bewegen. Der Magen hat nur eine sehr dünne Muskulatur und ist daher nicht in der Lage, das Voranschieben der Nahrung durch peristaltische Bewegungen zu unterstützen. Durch diese Art der Verdauung ist es einem Meerschweinchen auch nicht möglich, sich zu übergeben.
Daraus folgt, dass Meerschweinchen ständig Futter zur freien Verfügung haben müssen. Sie dürfen nicht gezwungen sein, größere Pausen zwischen den Mahlzeiten einzulegen. Außerdem muss Wert auf eine gute Qualität des Futters gelegt werden. Da Meerschweinchen sich nicht übergeben können, können sie schlechte Nahrung nicht auf schnellem Wege wieder aus dem Körper befördern.

Shirin mümmelt Heu In freier Wildbahn haben Meerschweinchen einen Zwei-Stunden-Rhythmus. Sie futtern etwa eine halbe Stunde lang, dann ruhen sie sich aus, und nach etwa 1 1/2 Stunden wird die nächste Portion angegangen.
Natürlich ist dieser Rhythmus, wie alles in der Biologie, variabel, aber im Prinzip ist er vorhanden und auch bei unseren Hausmeerschweinchen erhalten geblieben. Sie fressen auch nachts immer wieder kleinere Portionen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Heu oder Gras muss also immer verfügbar sein. Es muss darauf geachtet werden, dass die Tiere niemals ohne Nahrung sind. Auch vor Operationen dürfen Meerschweinchen auf keinen Fall hungern. Leider verlangen einige Tierärzte immer noch, dass ein Meerschweinchen vor einer Operation nüchtern bleiben soll. Dies ist bei anderen Tieren sicher sinnvoll, da ein narkotisiertes Tier u.U. an seinem eigenen Erbrochenen ersticken könnte. Da Meerschweinchen sich aber nicht erbrechen können, ist es in ihrem Fall nicht nötig und sogar schädlich, diese spezielle Vorsichtsmaßnahme zu ergreifen. Es kann zu starken Blähungen und im schlimmsten Fall zum Tod des Tieres kommen.

Nahrung, die einmal in den Magen eines Meerschweinchens gelangt ist, kann diesen nur auf der anderen Seite des Tieres wieder verlassen. Deshalb kann auch minderwertige Nahrung sehr leicht zu ernsthaften Verdauungsstörungen bis hin zum Tod des Tieres führen. Wichtig ist, dass man bei der Fütterung jede Nahrung vermeidet, die zu stark bläht, die schlecht geworden oder sogar verschimmelt ist und die gärt oder in nächster Zeit gären wird. Da die Nahrung, die ein Meerschweinchen aufnimmt, bis zu fünf Tage lang im Körper des Tieres bleiben kann, muss sie immer besonders frisch sein.

Von Zeit zu Zeit hört man, dass ein bestimmtes Meerschweinchen sehr wohl erbrochen hat, obwohl die Tiere das ja eigentlich nicht können sollten. Normalerweise hört man dann auch, dass das Tier verstorben ist. Natürlich wird im Falle eines Darmverschlusses der Nahrungsbrei bei entsprechender Menge irgendwann den Körper durch das Mäulchen wieder verlassen, da es keine andere Möglichkeit gibt, aber das gehört nicht zu den normalen Körperfunktionen eines Meerschweinchens; Es ist der reine Druck im Körper, der das bewirkt. Bei einem gesunden Meerschweinchen geschieht das nicht.


Der Dickdarm eines Meerschweinchens ist auf die Verdauung von Rohfaser (Zellulose) spezialisiert. Die Darmflora besteht aus Bakterien, die Zellulose aufspalten können, so dass sie über die Darmwand aufgenommen und als Energie verwertet werden kann. Dabei herrscht ein basisches Milieu mit einem pH-Wert von etwa 8-9 vor, das für eine funktionierende Zelluloseverdauung auch unabdingbar ist. Würde der pH-Wert absinken und so ein saures Darmmilieu entstehen, was bei einer Ernährung mit zucker- und stärkehaltigen Nahrungsmitteln der Fall ist, dann würde die bakterielle Darmflora des Tieres vernichtet und so die Zelluloseverdauung unmöglich gemacht.
Daraus folgt, dass das Grundnahrungsmittel eines Meerschweinchens Gras bzw. Heu ist, da es viel Zellulose enthält. Zucker- und sehr stärkehaltiges Futter sollte vermieden werden. Dazu gehören z.B. Getreide und auch andere Bestandteile in handelsüblichem Meerschweinchenfutter (z.B. Bäckereinebenerzeugnisse und Melasse).

Das handelsübliche Trockenfutter ist für die Ernährung der Tiere also nicht geeignet. Besonders sogenannte Leckerlis wie Knabberstangen o.ä. enthalten viel Zucker und gehören somit nicht in einen Meerschweinchenmagen. Stattdessen sollte unbegrenzt Heu, Wiese und einiges an Gemüse verfüttert werden. Auch Obst kann hin und wieder gegeben werden, allerdings in Maßen, da es viel Fruchtzucker enthält.


Die Bakterien, die für die Verdauung der Nahrung zuständig sind, sind übrigens sehr genau auf das gewohnte Futter abgestimmt. Soll etwas Neues gefüttert werden, so muss sich die Darmflora erst darauf einstellen.
Daraus folgt, dass eine Nahrungsumstellung immer sehr langsam vonstatten gehen muss. Man beginnt mit einer kleineren Menge, die dann über mehrere Tage gesteigert wird.

Wird ein bisher unbekanntes oder lange nicht gefüttertes Nahrungsmittel in größerer Menge gegeben, kann es zu starken Verdauungsbeschwerden bis hin zum Tod des Tieres kommen. Die Gefahr besteht z.B. bei Meerschweinchen, die halbjährig im Freien gehalten werden. Wer seine Tiere im Frühjahr wieder nach draußen auf den Rasen setzen möchte, sollte sie schon im Haus langsam an frisches Gras gewöhnen oder aber den Winter über durchgängig etwas Gras füttern (was oft nicht leicht umzusetzen ist). So kann es dann später nicht zu unangenehmen Überraschungen kommen.


Im Blinddarm des Meerschweinchens wird der Blinddarmkot, die Caecotrophe, gebildet. Er besteht aus den Überresten von Bakterien, die das Tier mit der Nahrung aufnimmt. Diese Bakterien werden bereits im Magen und Dünndarm abgetötet und zersetzt und dann im Blinddarm gesammelt. Der Blinddarmkot besteht zum größten Teil aus Eiweiß, Kohlenhydraten und Vitaminen. Damit diese Nährstoffe aber verarbeitet, d.h. verdaut, werden können, müssen sie noch einmal durch den Magen-Darm-Trakt gehen. Das Meerschweinchen nimmt den Blinddarmkot für gewöhnlich direkt beim Ausscheiden mit dem Mund auf und schluckt ihn ganz. Es kann sich so mit tierischen Eiweißen und den meisten Vitaminen selbst versorgen. Einzige Ausnahme dabei ist das Vitamin C, das das Tier zusätzlich über die Nahrung aufnehmen muß.
Daraus folgt, daß bei der Fütterung auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin C geachtet werden muss. Tierische Eiweiße und andere Vitamine müssen aber nicht gegeben werden, da die Versorgung damit durch die Aufnahme des Blinddarmkots bereits ausreichend gesichert ist.

Es muss sich also niemand darüber wundern, dass seine Meerschweinchen ihren eigenen Kot schlucken. Das ist normal und sichert die ausreichende Vitaminversorgung der Tiere. Den Blinddarmkot erkennt man übrigens an seiner helleren Farbe und daran, dass er weicher ist als der übrige Kot. Meist sieht man aber die Aufnahme des Blinddarmkots gar nicht, da sie eher einer Putzbewegung ähnelt und sehr schnell vonstatten geht.

Die Zähne

Das Meerschweinchengebiss besteht aus 4 Nagezähnen und 16 Backenzähnen. Zwar gibt es auch bei Meerschweinchen ein Milchzahngebiß, der Zahnwechsel findet aber bereits im Mutterleib statt.
Die Nagezähne werden zum Abbeißen und Nagen, die Backenzähne zum Mahlen der Nahrung verwendet. Alle Zähne wachsen ständig nach und müssen entsprechend auch ständig abgenutzt werden, da es sonst zu Zahnfehlstellungen kommen kann. Um den Zahnabrieb zu gewähren, ist eine rohfaserreiche Ernährung notwendig. Es ist nicht nur das Nagen (wie z.B. an Holz) an sich nötig, sondern auch ein längeres Mahlen mit den Backenzähnen.
Daraus folgt, dass immer etwas angeboten werden sollte, das die Meerschweinchen zum Nagen und Mahlen anregt. Dazu gehört vor allem Gras und Heu, da das Tier hier relativ lange kauen muß, um es zu zerkleinern. Auch Äste verschiedener Baumarten sollte man von Zeit zu Zeit anbieten, da das Nagen daran die Schneidezähne schärft. Vermieden werden sollten Nahrungsmittel, die schnell im Mund zerfallen, wie es bei vielen Bestandteilen von handelsüblichem Trockenfutter oder generell bei Pellets der Fall ist.

Handelsübliches Trockenfutter und Pellets sollten also so wenig wie möglich - am Besten gar nicht gegeben werden. Sie verhindern einen ausreichenden Zahnabrieb auch dadurch, dass sie die Tiere sehr satt machen und eine zusätzliche ausreichende Aufnahme von Gras, Heu und Rinde verhindern. Ein sattes Meerschweinchen frisst natürlich erst einmal nichts mehr.


Da die Zähne eines Meerschweinchens andauernd nachwachsen, wird natürlich auch laufend Calcium, ein wesentlicher Bestandteil der Zahnsubstanz, benötigt. Auf der anderen Seite kann aber das Calcium, das durch den ständigen Zahnabrieb in den Mund des Tieres gelangt, in dessen Darm wieder aufgenommen werden. So ist eine Unterversorgung mit Calcium nicht zu erwarten. Mineralien finden sich ausreichend in Kräutern, die zur Ernährung eines Meerschweinchens dazugehören.
Daraus folgt, dass es nicht nötig ist, einem Meerschweinchen zusätzliche Mineralien zuzuführen. Salzlecksteine können sogar eher noch schädlich sein, da manche Meerschweinchen sich eher aus Langeweile mit ihnen beschäftigen und so eher zu viele Mineralien zu sich nehmen. Dadurch kann es zur Ausbildung von Blasengrieß und Blasensteinen kommen.

Man sollte also besser auf einen Salz- oder Mineralienleckstein verzichten. Stattdessen kann man seinen Tieren Kräuter geben. Ein kleiner Strauß Petersilie tut einen besseren Dienst als ein solcher Stein und ist auch leichter zu dosieren.

Was braucht ein Meerschweinchen?

Ein Meerschweinchen braucht täglich etwa eine Energie von 120-150kcal pro kg Körpergewicht, es muss also jeden Tag etwa 8% der eigenen Körpermasse zu sich nehmen.
Hier nun die ideale Zusammensetzung des Meerschweinchenfutters pro kg Futter (laut "Committee on Animal Nutrition of the National (US) Research Council"):

Eiweiß 180,0 g Eisen 50 mg
essentielle Fettsäuren 1,33-4,0 g Mangan 40 mg
Rohfaser 150 g Zink 20 mg
Arginin 12 g Jod 150 ug
Histidin 3,6 g Molybdän 150 ug
Isoleucin 6,0 g Selen 150 ug
Leucin 10,8 g Vitamin A als
Lysin 8,4 g - Retinol oder 6,6 mg
Methionin 6,0 g - Beta-Carotin 28 mg
Phenylalanin 10,8 g Vitamin D 0,025 mg
Threonin 1,8 g Vitamin E 26,7 mg
Tryptophan 8,4 g Vitamin K 5 mg
Valin 16,9 g Vitamin C 200 mg
löslicher Stickstoff * 16,9 g Biotin >0,2 mg
Calcium 8,0 g Cholin 1,8 mg
Phosphor 4,0 g Folsäure 3-6 mg
Magnesium 1,0 g Niacin 10 mg
Kalium 5,0 g Pantothensäure 20 mg
Chlorid 0,5 g Pyridoxin 2-3 mg
Natrium 0,5 g Riboflavin 3 mg
Kupfer 6 mg Thiamin 2 mg

Der Wasserbedarf liegt bei 80 ml pro kg Körpermasse. Da aber die Nahrung selbst schon viel Wasser enthält, trinken Meerschweinchen nicht ganz so viel.