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Zahnabrieb und Zahnprobleme:

Die hier genannten Sofortmaßnahmen sind nur zur Akutversorgung gedacht, sie ersetzen keinen Tierarztkontakt. Symptome können immer abweichend sein.
Meerschweinchen haben lebenslang wachsende Zähne, die sich durch ständiges Nagen und Kauen abnutzen müssen. Dazu wird Futter benötigt, was gut geknabbert und zermahlen, nicht nur zw. den Backenzähnen zerquetscht werden muss, wie es z.B. bei Getreide der Fall ist. Geeignet sind als Wichtigstes: HEU!!! Äste, Rinde...
Wichtig ist nicht so sehr der Härtegrad des Futters, sondern vielmehr die Dauer des Kauvorganges. Häufiges und zeitaufwendiges Zermahlen durch das Vor- u. Zurückbewegen des Unterkiefers zum Oberkiefer, nutzt die Backenzähne ab.

Da sich die Zähne beim Kauen abnutzen, haben Meerschweinchen ständig nachwachsende Zähne mit einer speziellen Zahnwurzel. Diese ist eher eine Zahnbildungszone in der sich der Zahn ständig nachbildet, damit das Tier immer ausreichend Zahnmaterial zum Kauen hat. Um die Zahnbildungszone mit allen wichtigen Stoffen versorgen zu können, die fürs Zahnwachstum benötigt werden, ist die Zahnbildungszone von einem Netz feinster Blutgefäße umgeben. Dieses feine Blutgefäßnetz wird Alveolarmembran genannt. Sie enthält außerdem Nerven, die verschiedene Reize, u.a. Schmerzen ans Gehirn leiten.

Ursachen:

Bei falscher Fütterung, Erkrankungen (z.B. Kiefergelenksverschleiß), Verletzungen (z.B. Entzündungen), Unfällen (Stürze mit Zahn/Kieferbrüchen) oder Veranlagung, kann es zu teils sehr schweren Zahnfehlstellungen kommen.
Fehlstellungen der Backenzähne gehen fast immer mit Fehlstellungen oder Überlängen der Schneidezähne und umgekehrt einher. Bei Zahnwurzelerkrankungen kann es zum retrograden Wachstum des Zahnes kommen, d.h. dass der Zahn nicht wie er soll in Richtung Mundhöhle wächst, sondern entgegengesetzt in Richtung Kieferknochen. Das führt dazu, dass die Zahnwurzel retrograd/rückwärts durch den Kieferknochen durchstößt. Das die Zahnwurzelspitze umgebende Gewebe glaubt es handele sich um einen „Fremdkörper“ und versucht, durch Eiterbildung die Zahnwurzelspitze abzustoßen. Da die Zahnwurzelspitze fest im Knochen steckt kann dies aber nicht gelingen. Die Entzündung kann nicht abheilen und zerstört stattdessen immer mehr Gewebe um den Zahn herum. Ähnlich einem Dorn im Finger, der auch durch entzündliche Prozesse vom Körper abzustoßen versucht wird, bleibt der Zahnspitzenprozess so lange akut, wie die Spitze steckt. Nur wenn der Dorn im Finger gezogen wird, kann die Wunde am Finger abheilen, also: Nur wenn der betroffene Zahn des Nagers gezogen wird, wird die Entzündung abheilen und der Prozess zur Ruhe kommen (Bei einem Zahn, der rückwärts in den Kieferknochen hinein wächst!)

Zahnprobleme und ihre Symptome:

Die Schnittflächen der Schneidezähne sollten parallel zueinander stehen und waagerecht/horizontal (rechts und links auf derselben Höhe) verlaufen, siehe Abbildung.

normale Schneidezähne

Sind die Schnittflächen schief, (siehe Abbildung unten), bedeutet es oft, dass das Schwein die Zähne beim Kauen ungleichmäßig stark belastet. Das wirkt sich immer auch auf die Abnutzung Backenzähne aus und umgekehrt. Hier ist eine Zahnkontrolle beim Tierarzt wichtig. Eine Korrektur der Schneidezähne reicht meist nicht aus, da die schiefen Schneidezähne fast immer die Backenzähne beeinflussen. (Unfälle mit abgebrochenen Schneidezähnen müssen nicht, können aber zu Backenzahnproblemen führen)

schiefe Schneidezähne

Alarmsignale

Veränderungen des üblichen Fressverhaltens sind IMMER ernst zu nehmen!

Bei auffälligem Fressverhalten sofort Gewicht kontrollieren, ggf. 2x täglich um Tendenzen in der Gewichtsentwicklung früher zu erkennen (Gewichte notieren, man vergisst sie zu schnell).
Bei Gewichtsverlust oder dem Gefühl das Schwein sei knochiger, max. 1 Tag mit dem Tierarztbesuch warten. Meerschweinchen haben kaum Reserven und die wenigen, die sie haben sind bei Zahnproblemen sehr schnell aufgebraucht. Meerschweine mit Zahnproblemen wirken bis sie zusammenklappen fit und munter. Sie schreien bis zum Schluss lautstark nach Futter, toben herum, sind neugierig. Die Schwelle, ab der sie energiemäßig so stark unterversorgt sind, dass sie auch mit sofortiger Operation und allem tierärztlichen Können nicht mehr gerettet werden können, ist im Krankheitsverlauf oft relativ niedrig und schnell erreicht. Meerschweinchen sind sehr zäh und zeigen nicht wenn sie krank sind. Sie halten bis zum letzten Moment aus, ist der Akku aber vollständig leer, dann ist er nicht wieder aufladbar. Ab einem gewissen Grad sind Meerschweine dann nicht zu retten, sie sterben an Entkräftung und Kreislaufversagen durch langsames Verhungern.

Diagnostik von Zahnproblemen

Zahnprobleme werden vom Tierhalter oft schwer bemerkt und selbst von vielen Tierärzten spät erkannt bzw. Befunde falsch bewertet. Es ist wirklich schwer einen Tierarzt zu finden, der sich bei Meerschweinchen mit Zahnproblemen gut genug auskennt. Nur die Schneidezähne anzusehen reicht nicht aus, es müssen immer auch die Backenzähne kontrolliert werden! Dazu wird oft in Kurznarkose mit einem Maulspreitzer vorsichtig das Mäulchen „geöffnet“, um gute Sicht auf die Backenzähne und Wangeninnenseiten zu haben. Verletzungen der Mundschleimhäute, Zunge, Halsentzündung… können ebenso wie Zahnprobleme zu Fressveränderungen bis Fressverweigerung führen. Auch als eine Folge auf Fressverweigerung, einem abgebrochenen Schneidezahn usw. können sich Zahnprobleme bilden. Also bei Veränderungen des Fressverhaltens immer zügig zum Tierarzt und Ursache abklären lassen!
Röntgen: Röntgenbilder helfen mehr Informationen über Zahnwurzel, Kiefer, evtl. Entzündungsherde und ihr Ausmaß zu bekommen. Dies ist wichtig für die Wahl der Behandlung.

Schlucklähmungen:

Ist oft eine Verlegenheitsdiagnose, wenn der Tierarzt nicht weiter weiß. Zu richtigen Schlucklähmungen können z.B. Muskelentzündungen, Störungen der Reizaufnahme und Reizweiterleitung über die den Schluckvorgang steuernden Nerven führen.
Das Schlucken ist ein reflektorischer Vorgang, um diesen auszulösen muss die Zunge nach hinten oben gedrückt werden, bzw. das Futter weit genug nach hinten im Mäulchen kommen. Kann die Zunge aufgrund einer Zahnbrücke der hintersten Backenzähne nicht an den Gaumen gedrückt werden, kann das Schlucken erschwert bis unmöglich sein. Eine Brückenbildung der hintersten Backenzähne ist nur mit Spezialinstrumenten oder in Narkose ausreichend sichtbar und kommt nicht sooft vor. Allerdings hat nicht jeder Tierarzt entsprechendes Untersuchungsbesteck bzw. sieht und interpretiert den Befund richtig. Schweinchen mit „Schlucklähmung“ o.ä. Diagnose nicht aufgeben sondern einem Zahnspezialisten für Meerschweinchen vorstellen.

Bei Zahnproblemen gilt:

Sie werden in den meisten Fällen nicht von alleine weniger und früh erkannt stehen die Aussichten besser. Jedes Gramm erhöht die Überlebenschance.

Zahnprobleme sind bei Meerschweinchen selten angeboren und häufig in unterschiedlichen Altersstufen erworben. Das geschieht in den meisten Fällen durch Veranlagung, Unfälle oder falsche Fütterung. Auch das Alter kann Zahnprobleme mit sich bringen. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Gelenkverschleiß des Kiefers kann zu Schmerzen führen, die das Tier durch Entlastung auszugleichen versucht. Das führt zu Minderbelastung der betreffenden Zähne, welche weniger abgenutzt werden. Altersbedingte Bindegewebsschwäche kann zum langsamen Wegkippen der Unterkieferbackenzähne zur Zunge führen. Verletzungen und Entzündungen der Mundschleimhäute, Kiefer- oder Zahnfrakturen (Brüche) z.B. können das Kauverhalten beeinflussen. Deren Dauer und die Regenerationsfähigkeit (Wiederherstellungsfähigkeit) des betroffenen Gewebes, sowie Anpassungsfähigkeit/Flexibilität des Tieres, bedingen die Heilungsaussichten. Gewöhnt sich z.B. ein Schwein an ein anderes Kaumuster, wendet es dies evtl. trotz Verschwinden des ursprünglichen Auslösers weiterhin an. Durch so etwas bedingten Zahnproblemen dauerhaft Herr zu werden, ist sehr schwer. War es nur eine vorübergehende Fehlbelastung, stehen die Heilungschancen meist recht gut. Viele Zahnprobleme sind aber ein dauerhaftes Problem. Daher gilt bei chronischen (dauerhaften) Zahnproblemen die Behandlungsintervalle raus zu zögern mit allem was machbar ist. Dennoch nicht unüberlegt füttern, sondern sich mit Ernährung und Folgen falscher Ernährung auseinandersetzen, um möglichst die optimale Lebensdauer des Schweinchens trotz Zahnprobleme zu erreichen.

Zahnspitzen und Brückenbildung der Backenzähne:

Zahnspitzen der hinteren Backenzähne sind oft die Vorstufe zu Zahnbrücken der ersten Backenzähne des Unterkiefers. Die Backenzähne der Meerschweine wachsen etwas schräg und werden beim Kauen durch Zusammenbeißen u. gleichzeitigem Vor- u. Zurückgleiten des Unterkiefers am Oberkiefer abgenutzt. Dabei wachsen die Unterkieferzähne leicht schräg nach innen und die Oberkieferzähne schräg nach außen. Die vorderen Backenzähne wachsen schräger als die hinteren, daher können Brücken leichter im vorderen Bereich entstehen.

Beim gesunden Meerschweinchen treffen die Backenzähne des Ober- u. Unterkiefers beim Kauvorgang exakt aufeinander, so dass die Kauflächen der Backenzähne sich schön gleichmäßig abnutzen (Siehe Abbildung unten).

normale Backenzähne

Treffen die Zähne nun etwas versetzt aufeinander, nutzen sich die Zähne nur ab, wo sie auch belastet werden. An den weniger belasteten Flächen nutzt der Zahn sich nicht ab und wächst weiter. Es kann zu Zahnspitzen, Haken- oder Brückenbildung kommen, gefolgt von Mundschleimhautverletzungen aufgrund der Zahnfehlstellung, Abszessen (eitrige Entzündungen), starken Schmerzen und Verhungern.

Im Alter kippen mitunter die Backenzähne im Unterkiefer nach innen, also zur Zunge hin weg. Dies geschieht aufgrund einer Bindegewebeschwäche. Da die betroffenen Zähne dann nicht mehr so gut von den Oberkieferbackenzähnen abgenutzt werden können, können Zahnspitzen und schlimmstenfalls richtige Zahnbrücken entstehen. (Siehe Abbildung unten)

Zahnspitzen der Unterkieferbackenzähne sind oft sehr scharf, so dass die Zunge leicht verletzt werden kann. Aufgrund der Schmerzen fallen Zahnprobleme hier meist relativ schnell auf, sodass es nicht zu geschlossenen Zahnbrücken kommen muss.

schiefe Backenzähne 1

Die dritte Abbildung zeigt eine Fehlstellung die man als eine sehr häufige vermuten könnte. In der Praxis kommt sie dennoch erfahrungsgemäß nicht so oft vor.

schiefe Backenzähne 2

Wächst so eine Zahnspitze aufgrund der fehlenden Abnutzung immer weiter, trifft sie irgendwann auf das empfindliche Zahnfleisch und spießt sich dort mit jedem Bissen rein. Das Tier versucht das zu entlasten und kann nicht mehr richtig fressen, es verweigert die Futteraufnahme.
Schon sehr kleine Zahnspitzen bereiten mitunter den Tieren solche Probleme, dass sie das Fressen verweigern und einstellen. Besonders stören Zahnspitzen der Backenzähne im Unterkiefer, da die Zunge beim Bewegen des Futters während des Kauvorganges pieken und sie zudem oft sehr scharfkantig sind.

Nicht jeder Tierarzt schätzt kleine Zahnspitzen richtig ein, daher leiden die besonders empfindlichen Schweinchen oft sehr lange, bis die Zahnspitzen sich zu deutlich größeren Zahnproblemen entwickelt haben und die Tiere so schlecht im Futter stehen, dass der Stammtierarzt oder ein weiterer konsultierter Tierarzt, das Problem erkennen und beheben. Tut man dies nicht, stirbt das Tier durch Verhungern. Es will fressen, schafft es aber nicht, bzw. lässt es nach dem Versuch aufgrund der Schmerzen doch sein.

Auch an Schneide- bzw. Nagezähnen können Fehlstellungen entstehen. Schief abgenutzte Schnittkanten der Schneidezähne deuten oft auf ein Backenzahnproblem hin und sollten schnellstmöglich abgeklärt werden. Sie entstehen meist durch unterschiedlich starke Belastung beim Kauen und dafür muss es einen Grund geben (Schmerzen, Entzündungen, Zahnspitzen…) Abszesse im Kiefer sind in der Regel Ursache für Zahnprobleme sowohl im Backen- als auch Nagezahnbereich.

Brückenbildung der Backenzähne:

Recht häufig kommt es bei Zahnfehlstellungen zu sog. Zahnbrücken. Es handelt sich dabei um Zahnüberlängen im Unterkiefer, die im Verlauf oft zu Brückenbildung führen. Sie entstehen z.B. wenn die Backenzähne im Unterkiefer sich nicht ausreichend am gegenüberliegenden Zahn abnutzen können. Die schräg nach innen wachsenden Zähne im Unterkiefer der Meerschweinchen, treffen sich bei ungebremstem Wachstum und bilden so eine Brücke. In etwa wie in der Abbildung:

Brückenbildung

Dazwischen soll die Zunge aber auch noch das Futter bewegen können, was bei Brückenbildung der Backenzähne oder anderen Zahnfehlstellungen sehr erschwert bis unmöglich wird.

Zu lange Zähne im Oberkiefer, führen oft zu Verletzungen der Wangenschleimhaut, da sie ja schräg nach außen wachsen und bei Überlänge dort bei jedem Bissen auftreffen. Im Verlauf können sie auch auf das Zahnfleisch im Unterkiefer stoßen und dort zu Verletzungen und Schmerzen führen.

Taschenbildung:

Verletzen die Oberkieferzähne bei jeder Kaubewegung die Wangeninnenseiten, kann es dort zu Taschenähnlichen Wunden (Taschenbildung) kommen. Das ist sehr schmerzhaft und wird verschlimmert, indem sich dort Futterreste ansammeln und zu zersetzen beginnen, was die Entzündung der Wunde verstärkt. Daher ist das Spülen des Mundraumes mit entzündungshemmendem Salbeitee nach jedem Päppeln wichtig. Mitunter wird auch Tantum Verde zum Spülen, bzw. Aufsprühen verwendet. Immer wieder liest man, dass Hexoral Mund und Rachenspray verwendet werden kann. Leider mit dem großen Nachteil, dass Hexoral nach dem Spülen ausgespült werden soll. Dieses tun Meerschweinchen gewöhnlich nicht. Das bedeutet, dass sie zwangsweise geringe Mengen des Stoffes aufnehmen, was für die sensible Verdauung nicht geeignet ist. Daher ist davon abzuraten.

Zahnfehlstellungen können also Zunge und Mundschleimhäute sehr schmerzhaft verletzen, was zu Futterverweigerung, starker Gewichtsabnahme in meist sehr kurzer Zeit, Verdauungsproblemen und unbehandelt zu zügigem Tod durch Verhungern führen kann. Zusätzlich kann es zu sehr unangenehmen Infektionen der Wunden kommen. Bei Zahnproblemen oder Verdacht darauf, immer schnell zum Tierarzt gehen. Wenn der nichts findet und die Symptome nicht besser werden, sich keine anderen Ursachen für die Gewichtsabnahme, Fressveränderungen… finden lassen, dringend einen anderen Tierarzt aufsuchen. Gut informieren, welcher sich mit Zahnproblemen bei Meerschweinen auskennt!!!

Kieferabszesse:

Es handelt sich dabei um Entzündungsprozesse im Kieferknochen. Oft im Zahnwurzelbereich. Die Entzündung kann den Knochen angreifen und zerstören. Das betroffene Tier leidet an sehr starken Schmerzen und kann nicht oder nur sehr schwer fressen.
Die Entzündungen schädigen das den Zahnschaft umgebende Gewebe. Ist dieses Gewebe entzündet, bildet sich ein kleiner Spalt um den Zahn, sodass er nicht mehr fest im Kiefer sitzt und ständig Bakterien in den Kieferbereich eindringen können. Im Verlauf kann die Entzündung auf den Kieferknochen übergehen und ihn zerstören. Im schlimmsten Fall können die betroffenen Zähne sich drehen und in völlig falsche Richtungen wachsen. Dadurch können sie nicht mehr abgenutzt werden und führen zu oft stark entzündeten Wunden. Solche Zähne werden am besten gezogen oder müssen, wenn dies nicht möglich ist, immer sehr kurz halten werden.
Kiefernabszesse können auf freie Flächen ausweichen wie z.B.: Nasengang, Augenhöhle… oder sich bis zum Gehirn ausbreiten bzw. auch Abszesskapseln im Kieferbereich oder sogar Kinn bilden. Diese kann man oft von außen sehen und fühlen. Sie müssen aber nicht unbedingt vom Kiefer ausgehen. Kieferabszesse neigen dazu wieder aufzutreten, besonders oft bei Zahnwurzelentzündungen. Bei Kieferabszessen sollten grundsätzlich auch die Zähne regelmäßig überprüft werden, da durch das Schmerzbedingte Vermeidungshaltungen beim Kauen leicht Zahnspitzen, Haken oder Fehlstellungen entstehen können.

Behandlung:

Die Behandlung von Kieferabszessen kann verschieden aussehen und wird je nach Art, Lage und Stadium des Abszesses vom Tierarzt gewählt.

Abszessspaltung:

„reife“ Abszesse können mitunter gespalten werden. D.h. man öffnet den Entzündungsherd nach außen und leert ihn aus. Er wird gut gespült, damit möglichst alle Erreger aus der Wunde entfernt werden können. Abszesse müssen oft zu Hause nachbehandelt werden. Daher soll die Wunde nicht zugenäht, sondern offen bleiben, um täglich gespült und leer geräumt werden zu können. Oft ist begleitend eine zusätzliche Antibiotikabehandlung sinnvoll, um die im Körper verbliebenen Bakterien zu bekämpfen.

Spülen von Abszessen im Kiefer/Maulbereich:

möglichst mit NaCl (= Kochsalzlösung) o.ä. H²O² ist zu aggressiv für die empfindlichen Schleimhäute im Mäulchen, außerdem besteht das Risiko dass vom H²O² etwas geschluckt wird.

Leukasekegel und/oder Salben:

Am häufigsten werden z.B. Leukasekegel und/oder Jodsalben bzw. bei nekrotischem (abgestorbenem) Gewebe Salben zur enzymatischen Wundreinigung verwendet.

Gut bewährt hat sich auch den Kieferabszess mit einer Art „Füllstoff“ zu versehen, der ein Antibiotikum enthält und dieses über einen längeren Zeitraum in der Abszesshöhle abgibt. Dabei wird keine weitere lokale Behandlung benötigt, auch kein Spülen. Dieser Füllstoff wird ggf. erneuert.
(„Füllstoff“ = Antibiotikagetränktes Polymer: Früher wurde dafür oft ein Antibiotikum Namens Doxirobe verwendet (Doxicyclin). Dieses ist nicht mehr erhältlich. Ersatzweise kann man Atridox verwenden.)

Operative Kapselentfernung:

Sie erfordert im Idealfall keine lokale Nachbehandlung. Allerdings ist leider oft eine OP nicht möglich, weil je nach Lage nicht die ganze Kapsel entfernt werden kann. Deswegen ist Spaltung in vielen Fällen eher angebracht.

Häufige Fehldiagnosen:

Tierarzt wechseln! Nach Zahnkundigem Tierarzt für Meerschweinchen/Kaninchen erkundigen!

Fütterung Zahnschweine:

Körnerfütterung wird von den sog. „Zahnschweinchen“ meist recht lange akzeptiert, da sie dafür nichts zermahlen müssen, was durch die Zahnfehlstellung oft erschwert ist. Da sind die Tiere froh, das Futter nur zerdrücken zu müssen. Das mindert aber den Zahnabrieb und führt schnell zu dem Punkt, ab dem nichts mehr geht. Im schlimmsten Fall blockieren die überlangen Zähne das Mäulchen.

Calcium ist für Knochen und Zähne wichtig. Es ist viel in Heu und Kräutern, sowie Gemüse enthalten. Zahnschweine sortieren ja ihr Futter sehr, sodass man vielleicht Calcium zufüttern möchte. In den seltensten Fällen ist dies jedoch nötig, da Meerschweinchen fast alles Calcium aus der Nahrung gewinnen können, sodass ein Calciummangel so gut wie unmöglich ist. (Ausgenommen Satinschweine und evtl. Trächtige).
Eine Calciumüberversorgung bei gesunden Tieren ist durch Heu nicht möglich. Allerdings kann durch große Luzerneheugaben, Luzernerollis… stark calciumhaltiges Grünfutter, wie z.B. viel Petersilie, Kräuter, Möhrengrün…durchaus eine Überversorgung entstehen. Das kann zu Harngries, Blasen- u. Nierensteinbildung führen und sollte daher vermieden werden. Erste Anzeichen für eine Überversorgung kann Blasenschlamm sein. Das sieht aus wie weißlicher, extrem feiner Sand, fast wie Mehl nur etwas gröber. In gewissem Maße ist der normal und bei fast allen Meerschweinen anzutreffen, er darf halt nicht zuviel werden.

Zahnschweinchen haben ein erhöhtes Risiko Verdauungsprobleme zu bekommen, da sie ihr Futter sehr sortieren. Das stetige Wachstum der Zähne führt fast tägl. zu neuen Kauverhältnissen und kann dadurch mit Veränderungen des Fressverhaltens einhergehen, was immer ein Risiko bei der Entwicklung von Verdauungsproblemen darstellt. Vorbeugend ggf. Laktobazillus, Bird Bene Bac geben, um die Verdauung zu unterstützen. Aufgrund des deutlich erhöhten Risikos Verdauungsprobleme zu entwickeln, empfiehlt es sich, den Infotext „Verdauungsprobleme“ zu lesen.

Zahnschweine müssen ihr Gewicht halten und das muss durch gezieltes Füttern und regelmäßige Zahnkorrekturen durch den Tierarzt gewährleistet sein. Man ist evtl. froh, das Gewicht mit allem was dick macht (Melasse, Getreide…) stabil zu halten, darf aber nicht vergessen, dass die Verdauung und Aufnahme lebenswichtiger Vitamine und Mineralstoffe in einem sensiblen (störanfälligem) Verhältnis zueinander stehen und Zahnschweine sortieren ihr Futter nicht nach gesunden Aspekten, sondern was leicht und schmerzarm fressbar ist. Daher ist es besonders wichtig, was der Tierhalter an Futter anbietet. Dennoch gibt es Zahnanomalien (Veränderungen), die sich mit ungesunder und eigentlich schädlicher Fütterung rauszögern lassen und das Leben verlängern können. Dabei gilt in bes. hohem Maß immer einen guten Überblick über das was man füttert zu haben, um evtl. entstehenden Mangelerscheinungen entgegenwirken zu können.

Um die Wichtigkeit der gesunden Fütterung und Folgen einer falschen besser verstehen zu können, empfiehlt es sich den Infotext „Ernährung und Verdauung“ zu lesen. Das erleichtert dem Tierhalter eine individuell abgestimmte Anpassung der Ernährung für das betroffene Tier.

Fütterungsvorschläge für spezielle Zahnprobleme

Überlänge der Oberkieferzähne: => viel Heu und Möhren
Überlänge der Unterkieferzähne: => Heu, Möhren und Pellets verlängern bei leichter Fehlstellung die Korrekturintervalle. Bei schweren Fehlstellungen hilft es nur wenig.
[Lt. einer Studie von Wolf und Kamphues (1996)]

Päppeln bzw. Zufüttern:

Bei Futterverweigerung, deutlich weniger fressen oder starkem Gewichtsverlust muss zugefüttert werden. Infos dazu unter Infotext „Päppeln“

Zahnkorrektur

Ist es nun zu Zahnfehlstellungen gekommen, sollten diese schnellstmöglich behoben werden. Sie werden wie schon erwähnt in den seltensten Fällen von alleine wieder besser. Zahnkorrekturen führt der Tierarzt in der Regel in Narkose durch. Am Risikoärmsten und besten verträglich ist die Gasnarkose. Gut dosiert und mit entsprechender Erfahrung kann jedoch auch mit Injektionsnarkose gearbeitet werden. Dieses bedeutet aber eine deutlich größere Belastung für das Tier. Schneidezahnkorrekturen können unter bestimmten Vorraussetzungen in einigen wenigen Fällen auch ohne Narkose vorgenommen werden. Backenzahnbehandlungen aber in der Regel nur unter Narkose, da sonst das Verletzungsrisiko zu hoch ist. Im Meerschweinchenmäulchen ist nicht viel Platz und um alle Zähne gründlich untersuchen und behandeln zu können, muss das Mäulchen weit geöffnet werden. Dies ist in der Regel nur mit schlafenden Tieren möglich. Bei wachen Tieren ist das Risiko Blutgefäße oder Weichteile zu verletzen aufgrund der Enge im Mäulchen und unvorhersehbaren Bewegungen des Tieres, hoch. Es kann außerdem zum Abbrechen der Zähne, Kieferbruch, Ausrenken des Kiefers kommen, bes. bei wachen Tieren. Und es ist für die Tiere per se ein Höllenstress. Meerizähne sollten immer geschliffen werden, auch die Schneidezähne. Das Abknipsen mit einer Art Seitenschneider o.ä. ist riskant, da dabei der Zahn splittern kann. Das kann bis in die Zahnwurzel geschehen und ist sehr schmerzhaft. Außerdem können sehr scharfkantige oder spitze Zahnteile mit hoher Geschwindigkeit und Durchschlagskraft durch den Mund- u. Rachenraum des Tieres fliegen und so zu erheblichen Verletzungen führen.

Schneidezahnkorrektur:

sie werden heutzutage eigentlich nicht mehr mit einem Seitenschneider, Zange o.ä. gekürzt, weil es nach Gorrel (´96 und ´97) zu folgenden Komplikationen kommen kann:

Korrigiert man die Incisivi (Schneidezähne) mit einer Diamantscheibe oder einem Schleifaufsatz, werden die Zähne nicht nur gekürzt, sondern können auch schön glatt abgeschliffen werden.
(FLECKNELL, 1990; MALLEY, 1996; WIGGS und LOBPRISE, 1997; TURNER, 1997).

Auch Bieniek (´93), Wigg und Lobprise (´95) wiesen darauf hin, dass das Unsachgemäße Kürzen der Schneidezähne (Incisivi) mit Eröffnung der Pulpahöhle (Zahnhöhle) zu folgendem führen kann: Abszessbildung, Osteomyelitis (Knochenhautentzündung), Ostitis (Knochenentzündung), Panostitis (Röhrenknochenentzündung)
Nachzulesen: www.diss.fu-berlin.de/2002/292/kap2.pdf

Zahnextraktion:

Zähne ziehen bei Meerschweinchen sollte gut überlegt werden und je nach Zahn ggf. so lange wie möglich herausgezögert werden. Die Zähne der Meerschweine wachsen ja lebenslang und müssen sich durch viel Kauen an ihrem Gegenspielerzahn abnutzen. Fehlt der nun, kann die Abnutzung erschwert bis unmöglich werden. Da die Kiefer beim Kauen vor und zurück gleiten, können die Gegenspieler die Zahnlücke von nur einem Backenzahn meist recht gut ausgleichen. Fehlen aber zwei nebeneinander liegende Backenzähne wird es kritisch. Ohne Abnutzung wächst der Zahn und verformt sich. Er verhindert eine normale Futteraufnahme und kann im Verlauf das Mäulchen komplett blockieren, zu schweren Verletzungen und Entzündungen der Schleimhäute und des Zahnfleisches, sowie zu Fehlstellungen der anderen Zähne führen.
Backenzahnextraktion: Im Oberkiefer können die Backenzähne häufig nicht gezogen werden, im Unterkiefer in der Regel schon. Wenn er nicht gezogen werden kann, ist es oft ein Versuch den betreffenden Zahn sehr kurz zu halten, damit er beim Kauen nicht belastet wird. Dasselbe gilt für den Gegenspielerzahn: kurz halten, damit er nicht den erkrankten Zahn belastet und damit die Erkrankung vorantreibt. In best. Fällen kann ein Antibiotikum sinnvoll sein.

Muss nun ein Zahn gezogen werden, sollte die entstehende Wunde unbedingt versorgt werden. Oft wird ein Antibiotikum eingeführt und die Zahnhöhle mit einer Art Füllstoff ausgekleidet um weitere Verschmutzungen und Infektionen zu vermeiden.

Kann ein Zahn nicht gezogen werden, wird meist versucht ihn solange wie möglich durch regelmäßige Zahnkorrekturen unter Kontrolle zu halten.

Die Zähne reichen weit in den Kiefer hinein, bes. extrem die Schneidezähne. Das macht das Zahnziehen auch so schwer. Der kürzeste Teil der Schneidezähne ist sichtbar und sie wachsen gebogen im äußerlich nicht sichtbaren Bereich im Kieferknochen. Um die langen, gebogenen Schneidezähne ziehen zu können, braucht man ein Spezialwerkzeug. In der Regel versucht man das Zahnwurzelbildungsgewebe beim Ziehen des Zahnes zu zerstören, um ein wildes, unkontrolliertes Zahnwachstum zu verhindern. Dieses sollte bei einem sehr losen Schneidezahn, der evtl. bloß im Kiefer abgebrochen ist, gut überlegt werden. Weil hier die Möglichkeit besteht, dass der Zahn mit etwas Glück und unbeschädigter Wurzel, doch relativ gesund nachwachsen kann. Ggf. wird der abgebrochene Teil des Zahnes vorsichtig gezogen, sodass der Zahn nachwachsen kann. Wichtig: tägliche Kontrolle der Wunde und des Zahnfleisches auf Entzündungsanzeichen. Abgebrochene, relativ fest im Kiefer steckende Zähne können mitunter im Kiefer verbleiben, bis sie von alleine ausfallen oder so sehr wackeln, dass sie besser gezogen werden. Risiko wackelnder Zähne ist, dass eine Infektion über den Spalt in den Kiefer eindringen kann. Außerdem kann das abgebrochene Ende im Kiefer bei Belastung Schmerzen verursachen, was zu Zahnproblemen führen kann.

Auch bei den Schneidezähnen besteht die Möglichkeit, dass das Tier lernen kann mit nur einem Zahn zwei Gegenspieler im gegenüberliegenden Kiefer abzunutzen. Dies bedarf etwas Zeit kann dann aber zu ausreichend bis guter Abnutzung führen. Daher sollten möglichst die oder der Gegenspielerzahn erhalten bleiben solange es geht. Zur Not muss der Gegenspielerzahn alle 4-8 Wochen gekürzt werden. In der Regel lernt das Tier mit einem Zahn die beiden Gegenspielerzähne gut abzunutzen, sodass keine Nachbehandlung erforderlich ist.

Manchmal müssen beide nebeneinander liegenden Schneidezähne gezogen werden, weil die Entzündung im Kiefer zu weit fortgeschritten ist und den Knochen aufgelöst hat o.ä. Da wird oft empfohlen alle 4 Zähne zu ziehen. Auch hier zeigt die Erfahrung aber, dass Meerschweinchen nach einigen Wochen lernen können Heu selber zu fressen. Die große Sorge ist ja immer, dass ohne Schneidezähne keine selbstständige Heuaufnahme mehr möglich ist und man bis zum Tod des Tieres alles Heu und Frischfutter zerkleinern müsste. Dieses Risiko besteht tatsächlich ABER es kann auch anders laufen. Einige Meerschweinchen können sich nämlich anpassen und auch komplett ohne Schneidezähne Heu selbstständig aufnehmen. Frischfutter muss aber trotzdem zerkleinert werden. Allerdings ist es so, dass die Schneidezähne die Heuaufnahme unglaublich erleichtern. Sollte man nun also ein Schwein haben, dem beide nebeneinander liegenden Schneidezähne gezogen werden müssen, sollte zunächst versucht werden, die Gegenspieler stehen zu lassen. Das bedeutet zwar, dass man alle 4-6 Wochen in etwa die Schneidezähne kürzen muss aber sie erleichtern die Futteraufnahme ungemein. Nachteil: Zahnkorrektur ggf. nur mit Narkose möglich, die Belastung bedeutet.

Zahnextraktionen also immer sehr, sehr gut überlegen und nie weil ein Tierarzt sagt es sei notwendig einfach machen lassen. Betreffendes Schwein mindestens einem weiteren Tierarzt vorstellen und Problem diskutieren. Die Zahnextraktion mitsamt der Wurzel ist ein zu folgenschwerer Entschluss, als dass er kurz entschlossen durchgeführt werden sollte.

Zu Zahnextraktion gibt es relativ wenig Information und es ist immer eine sehr schwere Entscheidung auch für die Tierärzte. Die Meinungen dazu gehen sehr stark auseinander, sicher auch bedingt durch verschiedenste Erfahrungen der Tierärzte. Ich habe hier zusammengefasst, was ich im Netz gefunden habe, inkl. meiner pers. Meinung, zu der ich aufgrund der Erfahrungsberichte und Möglichkeiten gekommen bin. Zahnextraktionen muss man aber immer vielseitig betrachten: Alter, Gesundheitszustand, Zähigkeit, Lebenswillen, Kämpfernatur… des betreffenden Schweinchens. Es sind immer individuelle Entscheidungen die der Tierarzt mit dem Tierhalter ZUSAMMEN treffen muss. Der Tierarzt hat das medizinische Wissen und seine Erfahrung, der Tierhalter kennt das Tier besser und kann einschätzen wie es wohl reagieren wird. Einem Tier was sich als zäh, ausdauernd, kämpferisch gezeigt hat, eine Chance zu verwehren, halte ich für Sünde. Aber ein Schwein, was sich fast aufgegeben hat, erfahrungsgemäß schnell aufgibt, ermüdet, muss man vielleicht bestimmte Herausforderungen nicht zumuten.

von Désirée Kappas

Quellen:
www.birgit-drescher.de
www.fraumeier.org
www.vet-dent-lazarz.de
www.diss.fu-berlin.de/2002/292/kap2.pdf